Wie man ein erfolgreiches Foodservice-Unternehmen gründet – Food Labs als Inkubator für neue Konzepte.

Egal ob kleines Restaurant, größere Casual Dining Betriebe, Ghost Kitchen 2.0, oder gleich der Traum von einem erfolgreichen Franchise Modell: ob man der nächste Star der Szene wird oder krachend scheitert hängt nicht nur von einer guten Idee, sondern einem perfekt abgestimmten Konzept ab. Food-Labs, die mittlerweile in allen großen Städten zu finden sind, bieten Raum und Know-How um Konzepte erfolgreich zu entwickeln.

Wirklich jeder in der Foodservice-Branche kennt eine dieser Geschichten: Bekannte, Freunde oder sogar jemand aus der Familie haben eine zündende Gastro-Idee. Es wird geplant, verworfen, getestet und manche dieser Konzepte schaffen es tatsächlich soweit, dass sie eines Tages die Türen öffnen und Gäste willkommen heißen. Für viele beginnt in dieser Phase der sprichwörtliche Tanz auf Messers Schneide. Egal wie gut die Speisekarte ist, egal wie motiviert das Team jeden Tag die Türen öffnet und egal wie gut das erste Feedback der Gäste ist: nur wenige dieser Betriebe schaffen es über die ersten Jahre und viele, die länger bleiben, arbeiten gerade kostendeckend.

In einer Studie der Ohio State University für den U.S.-Markt  fanden die Wissenschaftler heraus, dass ca. 60% der neu eröffneten Restaurants bereits nach einem Jahr wieder schließen, oder den Eigentümer wechseln, nur 20% überstehen die ersten 5 Jahre. Auch wenn manche Untersuchungen auf niedrigere Zahlen kommen: einen Betrieb in der Foodservice-Branche zu eröffnen braucht Unternehmergeist, Mut und eine klare Vision.

Food Labs – die Konzept-Beschleuniger

Food Labs findet man mittlerweile in vielen großen Städten, egal ob New York, San Francisco, Berlin oder Hamburg. In San Francisco bietet zum Beispiel WeWork entsprechenden Raum an, um den Ideen Taten folgen zu lassen. Im Food Tech Campus in Berlin, das von EDEKA betrieben wird, können Statups nicht nur auf Räume, Co-working Space und Austausch mit Gleichgesinnten bauen, sondern auch das Ecosystem von EDEKA gleich mitnutzen.

Das foodlab in der Hafencity In Hamburg/Germany ist ein besonderer Ort, in dem neue Ideen zu Konzepten und anschließend zu erfolgreichen Geschäften werden können. Das foodlab vereint nicht nur die Möglichkeit, mit Gerichten und Konzepten zu experimentieren, sondern bietet Raum um diese Konzepte testlaufen zu lassen: im eigenen Restaurant. Die hauseigene Agentur unterstützt auf Wunsch bei der Entwicklung, der Food Fotografie und dem Marketing

food lab hamburg

Das foodlab Hamburg mit Restaurant. © Vivi D’Angelo

Gründerin und Geschäftsführerin des foodlab ist Christin Siegemund, die mit ihrem kreativen, querdenkenden Kopf und ihrem leidenschaftlichen Foodie-Herz Food Startups und Hamburg als deren Hauptstadt nach vorne bringen möchte.

Das foodlab Hamburg ist damit mehr als nur eine Testküche, die man mieten kann. „Wir sind eine Mischung aus Coworking und Produktionsstätte. Heißt, die Startups – egal in welcher Phase -suchen hier entweder einen Ort zum Produzieren, Präsentieren, Testen und zum Netzwerken“, erklärt Christin, „wir verstehen uns als Gast- und ImpulsgeberInnen, außerdem als eine Art Begegnungsstätte und NetzwerkerInnen.“

Von der Idee zum Konzept

Ein neues Fast Casual Konzept mit indischen Roti als Basis, ein Bistrokonzept mit hausgemachten Backwaren und wechselnder Karte für Frühstück, Lunch und Dinner, oder die Neuentwicklung eines lokalen und ökologisch destillierten Gins? „Eine klare Idee und eine Vision muss man haben, alles andere findet sich“, weiß Christin Siegemund.

Um zum Beispiel einen Foodservice-Betrieb zu gründen und erfolgreich zu eröffnen, helfen ein paar Leitfragen, die man sich selbst und seinen Mitstreitern beantworten sollte. Hier die wichtigsten:

Ist Gastronomie mein Ding?

Viele neigen zu einem verklärten Bild in Bezug auf die Gastronomie, sehen sich mit den Gästen bei einem Glas Wein zusammensitzen oder planen schon bevor das Konzept läuft die Expansion. Gastronomie ist vor allem aber harte Arbeit, ein Knochenjob, der selten über Nacht Ruhm und Reichtum bringt. Durchhaltevermögen, Flexibilität und eine gute Portion Optimismus müssen vorhanden sein.

Was ist mein Alleinstellungsmerkmal, meine Marktnische?

Viele Dinge wurden bereits (erfolgreich oder nicht) gedacht und umgesetzt. Ist die Idee, das Konzept, vollkommen neu oder verbessere ich ein bestehendes Konzept und trete damit in direkten Wettbewerb? Finde eine neue Idee am Markt ihren Platz und kann eine Nische besetzen? Es muss keine teure, externe Marktanalyse sein, die hierzu Antworten bringt. Jeder Neugründer muss sich jedoch im Klaren darüber sein, in welchem Markt er sich bewegt, welche Mitbewerber auch auf Gäste warten.

Wie sehen meine Gäste aus?

Studenten und Hipster oder vielleicht doch eher Familien? Geschäftsessen und Fine Dining oder eher das lockere Treffen von guten Freunden am Abend auf ein paar Getränke und Snacks? Zu wissen, welche Zielgruppe mit dem Konzept angesprochen werden soll ist nicht nur wichtig für das Menü, sondern vor allem für die Preisgestaltung, das Design, die Kommunikation, kurzum das gesamte Look & Feel des Konzeptes.

Wofür stehe ich überhaupt?

Diese Frage mag für viele seltsam klingen, sie wird jedoch für den Erfolg von Konzepten immer wichtiger. Kundengruppen wie die Millennials oder die Generation Z sind in ihrem Lifestyle getrieben von dem Begriff „Meaning“, also einen Sinn und Bedeutung darin zu finden, was sie tun; das beeinflusst erheblich das Kaufverhalten. Wie werden die Gerichte produziert, woher kommen die Lebensmittel? Steht das Konzept für Bio und Nachhaltigkeit, finden die Mitarbeiter eine Arbeitsumgebung vor, die auf Miteinander und persönliche Entwicklung ausgelegt ist? Während man nicht jedem Food Trend hinterherlaufen muss, so ist die Frage, wofür das Konzept konsequent steht wichtig und sollte gut überlegt werden.

Die richtige Technologie

Alleine die Kosten für eine Küche und Bar sind immens und sollten gut überlegt werden: günstiges Equipment einzukaufen, dass schnell an seine Grenzen kommt und ggf. bald ausgetauscht werden muss, kann schnell zum Problem werden. Ebenso braucht eine moderne, effiziente Produktion die richtige Technologie: intelligente Combi-Dämpfer ersetzen z.B. ineffiziente Heißluftöfen und bieten durch einfache Bedienung Produktionssicherheit und Qualität. Zusätzlich wird das Thema Digitalisierung immer wichtiger und kann entscheidende Vorteile bringen, wenn es um die Themen Delivery, effiziente Warenwirtschaft, Rezeptmanagement oder auch Produktionssicherheit geht.

Finanzierung und Businessplan

Egal wie gut das Konzept ist, um starten zu können sollten die Kassen gut gefüllt sein. Ob das nun über eine klassische Finanzierung bei der Bank, Investoren oder Crowdfunding passiert, spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Wichtig ist, dass die Kosten realistisch eingeschätzt werden und finanzieller Spielraum besteht, wenn etwas schiefläuft. Ein detaillierter Businessplan ist nicht nur für die Finanzierung wichtig, sondern hilft auch zu überprüfen, ob man „on-track“ ist.

Die oben genannten Punkte können die ganze Bandbreite der Fragen nicht abdecken, die man sich stellen muss und so kennt Christin Siegemund auch de Top 3 der Dinge, die oft unterschätzt werden: die eben angesprochenen Kosten, die man aufwenden muss, um ein Unternehmen zu gründen, den Umfang, was es bedeutet, ein Food Startup zu gründen und zuletzt wie wichtig ein gutes Netzwerk ist.

Das Risiko minimieren

Alles geplant, alles gut durchdacht – und trotzdem: es bleibt immer ein Risiko, dass die ganze Idee nicht greift, die Analysen nicht richtig waren oder falsch interpretiert wurden. Robert Irvine vom Food Network kennt die häufigsten Gründe, warum Restaurants scheitern:

  1. Unerfahrenheit – es fehlt schlicht die Erfahrung in der Branche, die Dynamic wird unterschätzt, fehlendes Wissen wird zu spät teuer eingekauft.
  2. Personal – gutes Personal zu finden und zu halten ist teuer, Mitarbeitern eine Perspektive zu bieten und diese zu entwickeln braucht Ressourcen. Und: die Gastronomie bringt auch ganz eigene Probleme mit, die branchentypisch sind.
  3. Kostenmanagement – Personalkosten, Lebensmittelkosten, die Kalkulation des Verkaufspreises und zuletzt die Gewinn- und Verlustrechnung müssen immer und zu jeder Zeit im Fokus stehen.
  4. Kundenservice – Kunden begeistern, ein perfektes Erlebnis zu bieten, Kundenbindung aufbauen, sind wichtige Stichpunkte und oftmals kritische Punkte, wenn es um Kundenservice geht.
  5. Qualität – eigentlich eine Selbstverständlichkeit, doch was beim Kunden ankommt, schmeckt doch ganz anders als ursprünglich geplant. Die Falle ist hier die Skalierung: einen Teller perfekt anzurichten ist einfach, doch auch in Stress und Hektik mit vielen Bestellungen die gleiche Qualität zu liefern, muss trainiert sein.

Scheitern? Lernen!

Es gibt viel zu bedenken, Fallstrike zu umgehen und Risiken zu minimieren und trotzdem: sich im Foodservice-Bereich selbständig zu machen, ein neues Konzept zu entwickeln, es zu testen und die ersten Kunden begrüßen zu dürfen ist eine Perspektive mit unglaublicher Energie.

Gute Food Labs, die nicht nur Raum vermieten, bringen in der entscheidenden Phase des Konzeptes alles mit, was ein Startup braucht: Platz zum Testen und Probieren, ein Netzwerk, dass für ein neues Menü auch mal das Panel sein kann, Agenturleistungen und kritisches Feedback, um Unstimmigkeiten und Fehler früh zu erkennen. Sie beschleunigen damit nicht nur die Entwicklung sondern schaffen Vertrauen und Austausch.

Und wenn es doch so aussieht, als ob alles den Bach hinunter geht und man krachend scheitert? „Generell würde ich nicht von Scheitern sprechen, das ist ein Wort, welches wir aus unserem Wortschatz verbannen sollten, denn wenn ein Produkt am Markt nicht funktioniert, bleibt ja immer noch die Frage, ob Plattform, Zeitpunkt und Produkt richtig waren, ob und wie man umplanen sollte und in wie fern es sich lohnt mit dem Gelernten weiterzumachen“, weiß Christin Siegemund vom foodlab, „letztlich sollte man nicht zu schnell aufgeben, sondern einen längeren Atem haben. Bisher ist noch kein Unternehmen über Nacht erfolgreich geworden, nur weil es gegründet wurde.“ Wohl wahr!

 

© Sascha Barby, 2021. All rights reserved. Title Photo by Paula Vermeulen on Unsplash  Bei personenbezogenen Bezeichnungen wurde aus Gründen der besseren Lesbarkeit die männliche Bezeichnung gewählt, die die Weibliche gleichberechtigt einschließt.

Sascha Barby

Sascha Barby

Sascha's passion for food and the foodservice industry has driven him since he first worked in the kitchen. Projects abroad and the diversity of the industry have only increased his enthusiasm. Started as a Chef in various restaurants in Germany and Canada, completing his skills with an MBA, he now works at Rational AG in marketing.  Sascha lives with his wife and children in Bavaria near Munich.